Header-Bilder: 
Stadttheater Passau - Geschichte

Vom Ballhaus zum Opernhaus

Der Passauer Fürstbischof Leopold Wilhelm Erzherzog von Österreich ließ im Jahr 1645 erstmals ein Ballhaus errichten, das sich nahe des Inns („am Sand“) befand. Das Ballhaus diente zunächst vor allem dem zu dieser Zeit sehr beliebten spanischen Hallenballspiel. Als diese Sportart aber gegen Mitte des 18. Jahrhunderts seine Popularität verlor, büßte auch das Ballhaus seinen eigentlichen Verwendungszweck ein. In der Folge ließ Fürstbischof Leopold Ernst Kardinal Graf von Firmian das Haus durch seinen Musikdirektor erstmals zu einem – wenn auch nur provisorischen und der Hofgesellschaft vorbehaltenen – „Hofkomödien- und Hofopernhaus“ umwandeln.

Im Jahr 1783 ließ Fürstbischof Joseph Kardinal Graf von Auersperg das Gebäude grundlegend verändern. Gleichzeitig machte er dieses Opernhaus dem ganzen Volk zugänglich und wandelte es in eine „moralische Bildungsanstalt“ um. Auersperg gilt damit sozusagen als Vater des heutigen Theaterbaus.

Im Mai gewählt, ließ er schon am 3. August seinen neuernannten Hofbaumeister, den Salzburger Johann Georg Hagenauer, und den Wiener Maler Franz Petzka nach Passau kommen, um aus dem hofinternen Komödienhaus ein allen „Guthwilligen“ zugängliches „Hochfürstliches Opernhaus“ zu machen. Die Umbauzeit dauerte nur rund drei Monate, sehr wenig Zeit für dieses große Projekt. Das Theater erhält eine klassizistische Fassade, eine Fürstenloge und einen Salon davor sowie zahlreiche Nobellogen. Ein zweiter Rang wird aufgesetzt. Die doppelgeschossige Logengalerie über dem U-förmigen Grundriss umschließt das Parkett. Das Entwurfsprogramm der Bemalung verweist auf ein Gartentheater: Emblemgehänge, Blattgirlanden, Laubkränze, Arkadenbögen und Grisaillemalerei. Die Gehänge symbolisieren verschiedene Musikgattungen und damals modische Beschäftigungen wie Jagd, Schäferei und Gärtnerei. Der Plafond ist als Himmel mit Wölkchen gestaltet. In der Theaterwissenschaft spricht man von einer sehr zeittypischen klassizistischen Umdeutung des Raumes zu einem antikisierenden amphitheatralischen Schauspiel-Hof.

Am 1. November 1783 wurde das Opernhaus mit der Oper Alceste von Anton Schweitzer eröffnet. Im Publikum saß erstmals auch das Volk. Passau gehörte damit (neben dem Wiener Hofburgtheater) zu den ersten deutschen Residenztheatern, die ihre Tore für zahlende Untertanen öffneten.

 

Vom Opernhaus zum Theater

Ein weiterer Schritt auf dem Weg zum bürgerlichen Theater war die Säkularisation im Jahr 1803, mit der die fürstbischöfliche Theaterära endet. Das Theater geht in die Hände des bayerischen Fiskus über und wird unter dem Namen „Churfürstliches Theater“ saisonweise verpachtet; ab 1806 hieß es schließlich „Königlich-Bayerisches Theater“. Variété und seichte Unterhaltung ziehen in das einst ambitionierte Theater ein. 1881 droht die Schließung des Hauses, nicht das letzte Mal, wie sich später zeigen wird. Die Königliche Oberste Baubehörde in München – alarmiert durch den Ringtheaterbrand in Wien 1881, bei dem 384 Menschen ihr Leben verlieren – bemängelt den sicherheits- und feuerpolizeilichen Zustand des Hauses. Nach langem Tauziehen mit der Regierung entschließt sich der Passauer Magistrat am 8. März 1883, das Theater anzukaufen und umzubauen. Der Kaufpreis beträgt 6.500 Mark. Das Theater erhält infolge des Brandes in Wien einen „Eisernen Vorhang“, der Bühne und Zuschauerraum voneinander trennt – und Schwingtüren nach außen, was als vorbildlich galt. Am 28. Oktober 1883 wird das Theater (nun erstmals als „Stadttheater“) unter der Direktion von Johann Heiderer feierlich eröffnet. Gespielt wird „Die Familie Schneck“, ein komisches Lebensbild mit Gesang, welches das ausverkaufte Theater begeisterte.

 

Der Weg zum Städtebundtheater

Die Zusammenarbeit mit der Stadt Landshut – heute zusammen mit Passau, Straubing und dem Bezirk Niederbayern Träger des Landestheaters Niederbayern – kann auf eine lange Tradition zurückblicken: Bereits in der Saison 1884/85 ist der Direktor der Landshuter Bühne, Franz Eglseer, auch der Theaterdirektor in Passau. Die Dreiflüssestadt hat in dieser Zeit ein eigenes Schauspielensemble, teilt sich aber mit Landshut das Operettenensemble. Der Spielplan wird von klassischem Drama, zeitgenössischem Drama und Wiener Biedermeier-Stücken beherrscht. Als einzige Oper wird Mozarts „Zauberflöte“ gegeben.

Bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges 1914 gibt es saisonweise engagierte Ensembles und Direktoren aber auch eine Operetten-Uraufführung von Erhard Kutschenreuter „Der Hauptmann von Köpenick“ (1907). 1920 erlebt Kutschenreuters bekannteste Operette „Der Holledauer Fidel“ ihre Uraufführung.

1918 verpachtet die Stadt das Theater an Ludwig August Wesselsky, aus der berühmten Wiener Theaterfamilie Wessely. Unter seiner Intendanz, die in der Saison 1927/28 zu Ende geht, kommt es zu einem überregional beachteten Theaterskandal. Während der Aufführung des politischen Stücks „Kurt Eisner“ von Marie Hoffmann-Cortes werden Reizgaspatronen aus der Galerie im Publikum geworfen; es fällt ein Schuss, es kommt zu Tumult und Zusammenstößen, Reichswehrsoldaten setzen ihre Gewehre ein. „Mehrere harmlose Zuschauer werden hierbei verletzt“, steht in der Passauer Zeitung. Wesselsky, der hauptsächlich Gastspiele aus dem österreichischen Raum holt, wird vorsichtiger und setzt auf harmlose Komödien. Bald darauf übernimmt die Nationalsozialistische Kulturgemeinde den Theaterbetrieb und organisiert meist Operetten und Opern im Theater und in der Nibelungenhalle.

Nach Kriegsende fordern die Bürger schon im August 1945 wieder eine eigene Bühne mit eigenem Ensemble. Als politisch Unbelasteter erhält Peter Hausser von den Amerikanern die Zulassung und wirkt bis 1949 als Intendant, Regisseur und Schauspieler am Theater. Er nennt das Haus „Passauer Kammerspiele“. Am 4. Mai 1946 wurde das Stadttheater mit Bernard Shaws Schauspiel „Pygmalion“ wiedereröffnet. Die gespielten Stücke müssen von der amerikanischen Militärrregierung genehmigt werden und es werden Klassiker, Komödien und in der NS-Zeit verbotene Stücke gezeigt. Trotz Armut und Not sind die Passauer theaterbegeistert. Im Juli 1949 wird das Theater dann unter der Intendanz des hoch verschuldeten Richard Rückert geschlossen. Es folgen im Herbst desselben Jahres erste Verhandlungen mit den Städten Landshut, Straubing und Deggendorf zur Gründung eines gemeinsamen Theaters, welches dann am 4. Oktober 1952 eröffnet wird. Landshut, Passau und Straubing schließen sich zum Zwecksverband „Niederbayerischen Städtebundtheater“ zusammen. Im Jahre 1964 tritt der Bezirk Niederbayern dem Zweckverband bei und später schlossen sich dieser Verbindung auch noch weitere Städte an, die später den Namen „Südostbayerisches Städtetheater“ erhalten sollte und seit 2007 nun „Landestheater Niederbayern“ heißt.

 

Theater im Fürstbischöflichen Opernhaus

Die baulichen Veränderungen des 19. Jahrhunderts wurden im Zuge einer Restaurierung von 1959 bis 1966 wieder rückgängig gemacht. Dass wir das Theater heute in seinem historischen Zustand wieder erleben können, ist maßgeblich Dr. Gottfried Schäffer zu verdanken, der über das Passauer Theater geforscht, originale Bemalungen entdeckt und den wesentlichen Anstoß zu dieser Renovierung gegeben hat. Nach Schäffer ist die Gottfried-Schäffer-Straße benannt, die zum Theater führt. Am 11. November 1961 kam es zur Wiedereröffnung als Fürstbischöfliches Opernhaus mit Il matrimonio segreto von Domenico Cimarosa.

Von 1970 bis zu seinem Tod am 17. Februar 1996 prägte Intendant Klaus Schlette den Spielbetrieb des Theaters maßgeblich. 1988 bis 1991 erfolgte auch eine weitere Renovierung. Im Rahmen dieser wurde unter anderem eine neue Prospektzuganlage, ein versenkbarer Orchestergraben und ein großer Lastenaufzug geschaffen. Nach Schlettes Tod wurde Johannes Reitmeier dessen Nachfolger, seit 2002 leitet Stefan Tilch das Theater.

Als Teil des Landestheaters Niederbayern ist das Stadttheater Passau dessen musikalische Abteilung mit eigenem Opernesnemble inklusive Solisten, Chor und Orchester. Das Orchester des Stadttheaters ist die Niederbayerische Philharmonie unter der Leitung von Generalmusikdirektor Basil H. E. Coleman.

Im Dezember 2008 feierten das Landestheater Niederbayern und die Stadt Passau gleich zwei Jubiläen: 225 Jahre Fürstbischöfliches Opernhaus und 125 Jahre Stadttheater.

Aufgrund der Schäden durch das Hochwasser vom Juni 2013 musste das Stadttheater noch im Herbst des Jahres kurzfristig instand gesetzt werden. Die Spielzeit 2013/2014 konnte weitestgehend wie geplant im provisorisch sanierten Theater stattfinden. Die eigentliche Hochwassersanierung, bei der der ursprüngliche Zustand des Hauses wiederhergestellt und verschiedene Hochwasserschutzmaßnahmen umgesetzt wurden erfolgte von Juni 2014 bis Januar 2015. Das Theater wurde am 18. Januar 2015 mit einem Festakt offiziell wiedereröffnet.